Da ist er also, von vielen heiß erwartet, in Teilen der Welt Grund für hysterische Mädchenscharen und kilometerlange Warteschlangen vor Internetcafes, vom Verfassungsschutz beobachtet und der chinesischen Regierung verboten:
MEIN ERSTER BLOGEINTRAG!!
Nach 3 Monaten passiver Internetpräsenz habe ich mir heute Abend mal ein Herz gefasst und mir vorgenommen, euch ein bisschen was von meinem Leben zu erzählen. Das hatte ich auch schon ganz schön lange vor und nicht gemacht. Viele Erfahrungen und Erlebnisse der letzten Wochen haben sich auch schon zum Abi-Stoff in die letzten unbeleuchteten Winkel der vergessenen Abstellkammern meines Gehirns gesellt und spielen jetzt mit diesen Uno – jedenfalls habe ich schon ganz schön viel von dem verdrängt, was ich hier denn schon alles unglaubliches erlebt habe! Und hätte Sebastian mit seinen Artikeln nicht wenigstens ein bisschen Informationen auf diesen Blog gebracht – die Sinnhaftigkeit dieser Internetpräsenz ginge wahrscheinlich gegen null!
Doch all das soll sich eben jetzt ändern! Jetzt ist es natürlich schwierig den ersten Blogeintrag nach drei Monaten ein bisschen im nichts anfangen zu lassen – und eigentlich muss ich deshalb bis an den Anfang zurück:
*Beam us back, Scotty!* bzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzzmmm!
—– “Ignorama”, oder: Endlich weltwärts! —–
Abfahrt
Der Abschied ist kurz und heftig. Krächzende Durchsagen aus den Lautsprechern vermischen sich erst mit den Abschiedsrufen, bis diese schließlich ganz im Flughafentrubel untergehen. Nach den zahlreichen Verabschiedungen, Feiern und den vielen überreichten Reisegeschenken der letzten Tage und Wochen beginne ich also nun mein einjähriges Abenteuer in Benin. Das Ausreisedatum ist erbarmungslos näher gerückt, und erst jetzt, im Warteraum des Stuttgarter Flughafens, wird mir meine Situation erst richtig bewusst: Ich bin gerade im Begriff, für 365 Tage Familie, Freunde, Gewohnheiten und Alltag in Deutschland zurück zu lassen, um von August 2009 bis August 2010 meinen Freiwilligendienst in Benin zu leisten – und vermutlich in eine völlig andere Welt einzudringen. Eine gewisse Unruhe und Unsicherheit breitet sich in mir aus, und verfolgt auch mich hartnäckig bis in den Flieger nach Paris.
Hier, in der französischen Hauptstadt, treffe ich dann auf die anderen weltwärts-Freiwilligen, die mit mir zusammen an diesem Tag nach Benin ausreisen werden. Jetzt endlich siegt die Neugier, und was vorher noch Unsicherheit war, ist jetzt Vorfreude und Begeisterung, die sich bereits unter der gesamten weltwärts-Gruppe breit gemacht hat. Gut gelaunt und mit nur einer Stunde Verspätung – der eigentliche Beginn des Vorbereitungsseminars? – hebt die Maschine von Air France in Richtung Afrikanischer Kontinent ab.
Sechs Stunden dauert der Flug, der bei Film und Schmökern des von der Entsendeorganisation mitgegebenen Tropenmedizin-Führers (Liebe Mediziner: Erfindet bitte ein Buch, in dem NICHT für von Schnupfen bis tödlicher Schlafkrankheit oder Typhus die Symptome gleich sind!!!!) schnell, ruhig und entspannt verläuft. Dann schließlich sehen wir am Boden die ersten Lichter der inoffiziellen beninischen Hauptstadt – der Flieger setzt in einem weiten Bogen über das dunkle Meer zum Landeanflug auf das nächtliche Cotonou an. Gerade aus dem Flugzeug ausgestiegen werden wir sofort wärmstens empfangen: Die Subtropen heißen uns Willkommen, und schwere, schwülwarme feuchte Luft schlägt uns entgegen. Verschwitzt füllen wir im Flughafengebäude die Einreisepapiere aus und suchen unser Gepäck auf dem Fließband. Dann, nach mehr als einer Stunde im Flughafen, können wir das Gebäude ohne Zollprobleme verlassen. Vor dem Flughafen wartet bereits der beninische weltwärts-Verantwortliche auf uns, der uns sehr fröhlich und herzlich in Benin Willkommen heißt und uns unsere Unterkunft zeigt. Ich begreife erst langsam, dass ich nun wirklich und wahrhaftig in Cotonou stehe und am nächsten Tag bereits das Vorbereitungsseminar beginnt.
Das Abenteuer „weltwärts“ hat begonnen.
Vorbereitungsseminar
Bereits in Paris machten Gerüchte die Runde, unser Zwischenseminar fände nicht wie geplant eine Woche in Cotonou statt, sondern würde sehr schnell in den Norden des Landes und damit in die Nähe unserer Einsatzorte verlegt. Und tatsächlich verbringen wir nur einen Tag in der hektischen Hafenstadt um Dokumente und Papiere per Bus und Auto in den beninischen Norden nach Natitingou geht. Da habe ich dann auch meine erste Buspanne – und wieder ein gutes vorbereitendes Erlebnis. Sowieso ist dieser Busreise so etwas wie mein persönlicher Höhepunkt der Vorbereitungswoche. Ich lerne direkt im Chaosfall ganz viel über Mentalität, alltag etc…. naja, irgendwie kommen wir dann DOCH nach Natitingou. Untergebracht bei zweien unserer Freiwilligen findet hier das eigentliche Seminar statt. Klassische PowerPoint-Präsentationen wechseln sich mit lockeren oder auch ganz informellen Vorträgen und Gesprächsrunden ab und informieren über verschiedene Themen: Kultur, Religion und Tradition Benins, Sitten und Bräuche, Geschichte und Politik, Krankheitsvorsorge und Sexualität. Ehrlich gesagt habe ich nicht vor, letzteres persönlich hier zum Thema werden zu lassen…
Ankunft in Ouaké
Von 3 Verantwortlichen begleitet fahre ich nach genau einer Woche Vorbereitung zusammen mit meinem Mit-Freiwilligen Sebastian nach Ouaké, meinem Einsatzort. Dort werden wir bereits erwartet und zu unserem Haus begleitet. Die ersten Tage verwenden wir dazu, uns einzurichten und die nähere Umgebung um das Haus kennen zu lernen. Betreut und begleitet von unserem Tutor sowie anderen Mitarbeitern unserer Nichtregierungsorganisationen lernen wir Ouaké und seine Umgebung kennen, werden den wichtigen Autoritäten und Instanzen vorgestellt. Genial: Am ersten Wochenende fahren wir im roten Motorradkonvoi nach Kara, der nächstgelegenen großen Stadt in Togo, um dort erste wichtige Einkäufe für unser Jahr in Ouaké zu tätigen. 😉 yeaaaah Biker! 😉
Aber bereits am Montag beginnt für mich die Arbeit in der Bibliothek: Die Bücher müssen abgestaubt, geputzt und in die neuen Bibliotheksräume gebracht werden.
So verbringe ich die ersten Arbeitstage und -wochen zusammen mit dem Direktor der NRO mit Abstauben, Einräumen und Erfassen des Bestandes der Bibliothek. Langsam fügen sich schließlich weitere Aufgabenfelder hinzu, so zum Beispiel gemeinsam vorbereitete Radiosendung zu Kinderrechten….
———-ZISCHHHHHH ——–Spratzelsprotzflash * present time, Scotty *
Ja, das ist der wohl weiteste Rückblick. Seit diesen lieben Anfängen hat sich schon sehr viel getan. Über vieles hat ja Sebastian schon berichtet, da weiß ich auch nicht mehr so viel zu sagen. Ich probeire einfach mal ein paar Dinge zu nennen.
So sieht es arbeitstechnisch bei mir zum beispiel mittlerweile ziemlich stressig aus: Montags bis Donnerstags bin ich praktisch jeden Tag von 8-12 und 15-18 Uhr in der ONG, die etwa ½ Fußmarsch entfernt liegt – das ist dann auch ungefähr mein Alltagssport! In der ONG angekommen geht es meistens an den PC: Berichte schreiben, Projektvorstellungen schreiben, Finanzierungsplände aufstellen, Mails schreiben und beantworte (naja, seltener), Radiosendungen schreiben und die aufgenommenen schneiden – also im prinzip ist die bibliothek mein büro. Die Bürozeit überschneidet sich jedoch mit der öffnungszeit der bibliothek, sodass kinder wie jugendliche vorbeikommen um zu schmökern, auszuleihen, hallo zu sagen oder zu malen. Gerade bei Kindern bin ich etwas hinterher, ihnen auch etwas mehr als malen mit auf den weg zu geben und habe in fleißiger heimarbeit (ein wenig stolz^^) kleine arbeitsblättergemacht zum buchstabenlernen erstellt… und glaubt mir, das ist hier der ganz wichtige erste schritt: Ouaké hat eine Analphabetenquote über 80 %!!!
Naja, ansonsten ist der zweite große Teil meiner arbeit bislang die Arbeit im Radio: Aufnahmen vorbereiten, durchführen und nachbereiten – das nimmt wirlich mehr zeit in anspruch als ich gedacht hätte!!! Als echte freie Tage bleibt da nur der Freitag und 2wöchig das wochenende (einerseits radioaufnahmen, andererseits mus ich wohl bald auch samstags in die ong, weil da am meisten kinder kommen! *herr schmeiß Zeit na!* … ja das gehteigentlich anders 😉
Aber wirklich freizeit istdas ja auch nicht immer – schließlich muss man waschen, putzen, kochen, einkaufen – verdammter haushalt eben!! =) Ich glaube, nach diesem jahr schreibe ich ein liebesgedicht an die waschmaschine. J
Apropos Dichtung: Beinahe lyrisch und dennoch von klassischer Einfachheit sind außer unseren Blogeinträgen mit der Zeit auch unsere täglichen Mahlzeiten geworden! =)
Hier mal ein (fiktiver…*hust* ) Essens-Wochenplan zur Übersicht:
Montag:
Frühstück: Honig von Sebastians Tutor, in Djougou gekaufter Marmelade und unkaputtbarer schmierkäse, dazu die letzten mickrigen Resten Nutella aus Cotonou. Das Brot stammt aus Djougou, ist bereits 3 Tage alt, aber endlich mal nicht gesüßt! Ein Lob auf das Baguette! Dazu gibt es Instant-Kaffee und –Kaba, mit unserer tägglichen Doxycyclin-Pille 😉 Der Malariaprophylaxe seis gedankt.
Mittagessen: Die örtliche Gastronomie wird unterstützt, es gibt njam pillé (solltet ihr eine andere schreibweise für diesen Brei aus Yams kennen … alle sind richtig;) ). Diesen warmen Brei in leckerer Erdnusssoße mit Käse und Fleisch (gegen aufpreis versteht sich) isst man mit den Fingern, oder man nimmt ihn sich nach Hause zu Messer und Gabel. Als Nachtisch die letzten etwas weich gewordenen banenen (liebe europäer: das was IHR banane nennt ist im vergleich zu dem hier einfach nur klobiges plastik ohne geschmack!!
Abendessen: Die letzten Reste werden verbraucht: Nudeln mit Tomaten-Zwiebelsoße, gewürzt mit namenlosen gewürzen vom letzten Markt. Als kleines schmankerl.
Dienstag
Frühstück: Ich hab wie jeden Montag vergessen neues brot zu kaufen – folglich gibt es als beilage zur malariaprophylaxe und dem heißen morgengetränk Gari-gari: Ein Getreide, das man in kleiner menge in zuckerwasser schüttet… das ganze ist in etwa so was wie müsli! J Da das aber nicht wirklic für den morgen reicht esse ich dann meistens beim in der nähe der ONG gelegenen suppenküche „Hackbelli“, Maniokbrei mit der üblichen scharfen Soße… schmeckt eigentlich ganz lecker!
Mittagessen: Hungrig wie die Wölfe ziehen die weltwärtsfreiwilligen ins Restaurant, um unmengen von Reis mit Dja (rote und würzige Spezialsoße der Cuisinière) zu verputzen. Dazu eine große cola zu zweit – viel zu teuer! Stattdessen wird noch schnell eisgekühlte zitronenlimonade für wenige cent gekauft und desinfiziert, um bei einer guten partie schach genossen zu werden.
Abendessen: Es ist markttag, also sind sebastian und matthieu mal wieder mit viel zu viel zurückgekommen. Folglich gibt es erst als entrée die letzten beiden, im lauten Handel mit der die Früchte tapfer verteidigenden Marktfrau abgekauften Avocados. Anschließend eine Nudelpfanne mit hauseigener Ratatouille. Zum Nachtisch eine viel zu große Papaya – uff!
Mittwoch
Frühstück: Auf dem Markt konnte ungesüßtes brot aus kara in togo erworben werden… kommt nicht an baguette ran, aber immerhin. Also: übliches frühstück.
Mittagessen: Entspannt wird heute mal Watchè gegessen, Reis mit Bohnen und etwas soße – sehr sättigend, aber angenehme abwechslung!
Abendessen: Die eigentlich noch viel zu satten Freiwilligen machen sich eine Tomatensuppe aus tomatenmark und frischen tomaten. Hauptgrund: Es bleibt genug platz um die ZWEITE papaya zu essen, bevor diese schimmelt!
Donnerstag
Frühstück: mit den letzten Resten ungesüßtem Brot. Die Nutella ist alle, der käse wird zelebriert. Sebastian hat lust auf orangensaft und presst schnell für beide freiwilligenmit unserer in 2 monatiger Suche in halb benin erworbenen saftpresse einen organgensaft, der den vitamin c bedarf einer ganze nwoche deckt! J Liebe Europäer, DAS hier ist ne orange!!!
Mittagessen: Aus geschlossener Kochunlust wird erneut im Restaurant essen gegangen – es ist eifnach zu billig um es nicht auszunützen! 🙂 Heute gibt es pâte blanche, dazu légumes (hier kann man wählen: Mit oder Ohne gekochter rinderhaut? Schmeckt eigentlich lecker!! ) und eine grüne soße aus gombo.
Abendessen: Da die Karotten vom Markt am Dienstag langsam runzeligwerden: heute muss es suppe geben! Also: schnell bei unserer Frau für alles fleisch gekauft, karotten, zwiebeln geschnitten und eine suppe (von sebastian, unserem Chefkoch! (Guide Michelin, ich hab da ein talent entdeckt!!)) gezaubert .. mjam! Dazu suppennudeln und Film! Als nachtisch wird ein selbstgemachter Joghut aus kondensmilch, wasser, zucker und Gari probiert….der film wird mit schwerem magen genossen…^^
Freitag
Frühstück: Endlich mal wieder gesüßtes Brot! Dazu Marmelade, Honig, köse – auch mal ein leckeres Bananenbrot darf vorkommen!
Mittagessen: Na? Erraten! Wir gehen essen! Nach kurzem streit ob njam oder reis entscheiden wir uns für reis und essen reis mit soße im restaurant. Danach zitronenlimonade und ein paar lecekre gesalzene erdnüsse zum naschen.
Abendessen: Es war kleiner markt – also gibt es wieder frische tomaten und zwiebeln! Dazu wurden dieses mal kichererbsen gekauft, und eine leckere nudelpfanne wartet auf ihre vernichtung. Der nachtisch ruft seit ankunft konflikte hervor: Sebastian macht sich seine (wie ich finde bestenfalls geschmacksneutrale) Kokosnuss, ich ess bananen. Was da jetzt besser ist – kann man eher nicht sagen!
Samstag
Frühstück: fällt eigentlich aus, weil jeder aufsteht wann er will. Somit wird das frühstück eher zum brunch im restaurant: reis mit soße, gemüse und fleisch – selbst für den schwabe ist dieses samstagsmahl erschwinglich! 😉
Abendessen: nach viel zitronenlimonade des nachmittags schwingen sich die beiden protagonisten zu höchstleistungen auf: es gibt pfannkuchen! Zuvor wurde der hunger mit vorne an der straße gekaufen jnam-fritten (ja das gibt’s, etwa wilde
Die haltbare milch ist in 4 fahrten nach Djougou und Kara angehäuft worden, Eier schnell vorne im Restaurant gekauft, das Mehl ist schon lang in der mühle unseres Vertrauens gemahlen worden – und Sorkumpfannkuchen schmecken lecker! 😉 als nachtisch eine überdimensionale papaya, die den folgenden film erneut zum abenteuer werden lässt J
Sonntag
Frühstück: das süße brot wird schnell runtergeschlungen, denn es geht nach Kara… einkaufen!
Mittagessen: In Kara hat man theoretisch die auswahl – aber man muss sie finden. Deswegen kaufen wir uns leckeren reis mit pentade-fleisch (der hammer!!), als speziellen genuss kochbanane!
Abendessen: Wer die Küche betritt kämpft sich durch eine Dampfschwade – was da gekocht wird ist jedes mal anders, jenachdem was man so auf dem markt gefunden hat. Reis mit einer lekceren soße aus…? 😉 Das einzig sichere: Der Nachtisch. Eine Ananas, die sich hier in benin einfach zu hause fühlt und bombastisch schmeckt!
So…. jetzt habt ihr mal einen groben überblick über das was wir hier so essen! 😉 Wenn ihr clevere einfache gerichte für uns habt: bitte nur raus damit!!=) Wir sind da sehr offen für vorschläge 😉 So, da ihr nun in etwa unseren Alltag kennt, kann ich ja jetzt kurz zusammenfassen, was wir hier shcon alles spannendes erlebt haben … könnte ich… abr ich glaube, das wäre dann für einmal doch zu viel!
Deshalb, bis zum nächsten Mal! Ich wünsch euch alles Liebe und bis bald!
Matthieu